Die Magellanstraße
Am 21. Oktober 1520 wurde unter 52° südlicher Breite ein Vorgebirge gesichtet. Keiner vermutete zunächst, dass hinter diesem Kap die gesuchte Durchfahrt nach Westen liegen würde. Allein MAGELLAN fiel es ein zu prüfen, ob die Bucht etwa eine Durchfahrt Richtung Westen besaß. Er wusste nämlich,
„... daß der Weg durch eine sehr verborgene Meerenge führte, denn er hatte diese auf einer Karte gesehen, die von Martin Behaim, einem vortrefflichen Kosmographen, gezeichnet worden war und vom König von Portugal aufbewahrt wurde. Er sandte deshalb zwei Schiffe, die ,San Antonio' und die ,Concepcion', aus, um zu untersuchen, wie weit sich diese Bucht erstreckte. Die beiden anderen Schiffe, die ,Trinidad' und die ,Victoria', warteten am Eingang der Bucht.“
See AlsoKugelgestalt der Welt: Magellans gefährlicher Weg zu den Gewürzinseln¿Por qué los europeos del siglo XVIII d. C. llamaron indios a los nativos americanos después de descubrir que estaban en el continente equivocado?Una vez al fin del mundo - Exploradores legendarios Parte 1 Günther Wessel • EUR 14,90
So begann die Erkundung einer Meeresstraße, die heute als Magellanstraße den Namen ihres Entdeckers trägt. Bevor jedoch die gesamte Flotte in die enge Meeresstraße hineinsegelte, kam es zu einer Beratung der Kapitäne. MAGELLAN musste seine ganze Beharrlichkeit und Ausdauer aufbieten, um die anderen zu bewegen, die Durchfahrt durch die enge Meeresstraße zu riskieren. Auf der Versammlung muss es heiß hergegangen sein, denn keineswegs alle seiner Begleiter waren mit MAGELLAN einer Meinung. Wie der Augenzeuge PIGAFETTA vermerkte,
„wurde festgestellt, daß die Lebensmittel höchstens noch für drei Monate reichten. Dennoch waren die meisten, da sie den Generalkapitän so vertrauensvoll sahen, guten Mutes und zur Fortsetzung der Fahrt bereit. Einer der Piloten jedoch, ein Portugiese von dem Schiff ,San Antonio', der auf den Namen Esteban Gomez hörte, war der Meinung, daß die Lebensmittel nicht ausreichen würden, weil die Flotte nach dieser Straße vermutlich noch durch viele andere große Golfe segeln müsse, um zu dem ersehnten Ziel zu gelangen. Daher schlug er vor, nach Spanien zurückzukehren und mit einer besser ausgerüsteten Flotte und einer neuen Mannschaft die Fahrt zu unternehmen.
Gomez' Ansehen war groß und seine Ansicht hatte bei den anderen viel Gewicht. Magaglianes aber erwiderte ihm, dass er durch diese Straße fahren werde, um sein dem König gegebenes Wort einzulösen, selbst dann, wenn er wüsste, daß er das Leder am Segelwerk der Schiffe verzehren müsse. Hierauf ließ der Generalkapitän durch einen Herold auf allen Schiffen verkünden, daß bei Todesstrafe niemand mehr von einer Umkehr oder dem Mangel an Lebensmitteln sprechen dürfe.“
Wenige Tage später desertierte dennoch die Mannschaft der „San Antonio“ und erreichte im Mai 1521 den Hafen von Sevilla. Die Aufrührer und der in Ketten gelegte Kapitän wurden hier nach strengen Verhören, in denen Aussage gegen Aussage stand, inhaftiert und sollten es bis zur Rückkehr der übrigen Schiffe auch bleiben.
Das stille Meer
Die verbliebenen Schiffe passierten am 28. November die Magellanstraße. Sie gelangten nun in ein Meer, in dem sie, ohne Land zu sichten, drei Monate und zwanzig Tage, eine für Seefahrer des 16. Jh. endlose Zeitspanne, unterwegs waren:
„ohne die geringste frische Nahrung zu genießen. Der Zwieback, den wir aßen, war kein Zwieback mehr, sondern nur noch Staub, der mit Würmern und dem Unrat von Mäusen vermischt war und unerträglich stank. Auch das Wasser, das wir zu trinken gezwungen waren, war faulig und übel riechend. Um nicht hungers zu sterben, aßen wir das Leder, mit dem die große Rahe zum Schutz der Taue umwunden war. … Oft blieb uns auch nichts anderes übrig, als Sägespäne zu essen, und selbst Mäuse, so sehr sie der Mensch verabscheut, waren eine so gesuchte Speise geworden, daß für eine bis zu einem halben Dukaten bezahlt wurde. …
Das war aber noch nicht alles. Ein noch größeres Unglück sollte uns treffen: eine Krankheit, durch die unseren Leuten das Zahnfleisch im Ober- und Unterkiefer derart anschwoll, dass es die Zähne bedeckte und der Erkrankte außerstande war, Nahrung zu sich zu nehmen. Neunzehn Mann starben an diesem Übel ...“
Die Flotte sichtete wohl mehr zufällig während dieser ganzen Zeit, in der sie beinahe 4000 Leghe zurücklegte, keine einzige Insel, obwohl es derer auf dem Kurs viele gab. Sie erlebte auch keinen einzigen Sturm, weshalb MAGELLAN das Meer „mare pacifico“, zu deutsch Stilles Meer, nannte.
Auf der Insel Cebu
Die Insel Cebu ist eine Insel der Inselgruppe der Philippinen. Auf ihr machte MAGELLAN längere Zeit Station. PIGAFETTA berichtet:
„Am Sonntag, dem 7. April, liefen wir in den Hafen von Zubu ein. Vor uns lagen mehrere kleine Dörfer mit seltsamen, auf Bäumen stehenden Häusern. Nachdem wir Anker geworfen hatten, ließ der Generalkapitän alle Flaggen aufziehen, die Segel beisetzen und eine Salve abfeuern. Das Donnern der Kanonen rief unter den Insulanern große Unruhe hervor.“
MAGELLAN suchte nach der Ankunft den Inselkönig zu einem Gespräch auf, in dem es um Frieden oder Krieg ging:
„Der Dolmetscher beruhigte, wie es sein Befehl war, den König und erklärte ihm, dass die Kanonenschüsse nichts anderes als ein Gruß gewesen seien und zugleich ein Zeichen dafür, dass wir nichts anderes als Frieden und Freundschaft mit den Bewohnern der Insel und ihrem König suchten ... Der Dolmetscher entgegnete, sein Herr, Kapitän des größten und mächtigsten Königs der Welt, werde keinem König der Welt Zoll zahlen. Wolle der König von Zubu den Frieden, werde er den Frieden haben, wolle er jedoch Krieg, könne auch ein Krieg geführt werden, der mit seiner völligen Vernichtung enden werde. Kaum hatte der Dolmetscher diese Worte ausgesprochen, näherte sich der Kaufmann aus Ciam (Halbinsel Hinterindien – d. Red.) dem Regenten und sagte zu ihm in seiner Sprache: ,Herr, seid auf Eurer Hut. Diese Männer gehören dem Volk an, das Calicut, Malakka und ganz Indien erobert hat.' Er hielt uns also für Portugiesen. Der Dolmetscher, der diese Warnung hörte und verstand, fuhr fort, dass der König, von dem er spreche, noch viel mächtiger sei als der König von Portugal, von dem der Kaufmann aus Ciam gesprochen habe; es sei der König von Spanien, der Beherrscher der ganzen christlichen Welt. Er wiederholte auch, dass wir die ganze Insel zerstören würden, wenn man unsere Freundschaft zurückweise.“
Auf Cebu schlug erneut der Fremdenhass der vorwiegend spanischen Mannschaft gegen ihren portugiesischen Generalkapitän durch:
„Mein Gefährte war ein spanischer Ritter, der mich sofort, als wir an Land gegangen waren, bat, den Dolmetscher in angemessener Entfernung hinter uns zu lassen. Ich erfüllte ihm seinen Willen und dann sagte er zu mir, es sei ihm unerträglich, unter einem Portugiesen dienen zu müssen. Er schlug mir vor, eine Versammlung aller Kapitäne einzuberufen, um die Absetzung des Generalkapitäns zu beschließen. Ich hielt ihm Magaglianes' große Verdienste um das Gelingen dieser Fahrt vor Augen, aber davon wollte er nichts hören und meinte, ich könne das nur glauben, weil ich kein Spanier sei. Nie und nimmer hätte der König von Spanien einem Portugiesen den Oberbefehl über eine so große Armada anvertrauen dürfen und dies sei nur deshalb geschehen, weil der König von Spanien selbst kein Spanier sei. Ich riet dem Ritter, dies nicht noch einmal und vor anderen Ohren verlauten zu lassen, wenn er nicht wegen Rebellion geköpft werden wolle.“
Der Tod von MAGELLAN
MAGELLAN mischte sich trotz vieler Warnungen in Streitigkeiten zwischen den Fürsten verschiedener Inseln ein. Möglicherweise überschätzte er dabei auch die eigenen Kräfte, als er seine Männer daran erinnerte, dass CORTES auf der mittelamerikanischen Halbinsel Yucatán mit zweihundert Getreuen dreihunderttausend Indianer besiegt hatte. Er forderte also seine Mitstreiter auf, sich von der Überzahl des Feindes nicht verwirren lassen.
Auf der Insel Mactan ließ er ein Dorf in Brand stecken. Doch die Einheimischen setzten sich sehr entschlossener zur Wehr, und es entwickelte sich ein Gefecht.
Der ungleiche Kampf währte über eine Stunde. Auch als ein vergifteter Pfeil den rechten Oberschenkel des Generalkapitäns durchbohrte, zog sich dieser nicht zurück. Dann verwundete ihn noch eine Lanzenspitze im Gesicht. Als die Insulaner bemerkten, dass MAGELLAN mit seinem verwundeten rechten Arm kaum mehr vermochte, den Degen aus der Scheide zu ziehen, warfen sie sich auf ihn und töteten ihn.
Wie PIGAFETTA vermerkte, wäre der zum Christentum bekehrte König von Cebu wohl in der Lage gewesen, den Europäern mit seinen Kriegern zu Hilfe zu eilen. Der König, so PIGAFETTA weiter,
„hätte es wohl auch getan, wenn ihm der Generalkapitän, weit davon entfernt zu ahnen, was sich ereignen würde, nicht vor Beginn des Kampfes den Befehl erteilt hätte, sein Boot nicht zu verlassen und nur zuzusehen, wie wir den Feind vernichteten.“
Außerdem schrieb er im Tagebuch den folgenden Nachruf:
„Fernando Magaglianes ist tot. Aber ich hoffe, dass ihn sein Ruhm überleben wird. Er besaß alle Tugenden. Mitten in der größten Gefahr bewies er seine unerschütterliche Standhaftigkeit. Auf dem Meer unterwarf er sich selbst größeren Beschränkungen als die Mannschaft. Er besaß eine genauere Kenntnis der Seekarten und der Schifffahrtskunst als jeder andere Mensch auf Erden. Das geht schon daraus hervor, dass außer ihm niemand den Wagemut besaß, die Erde zu umsegeln, was ihm beinahe geglückt ist.“
Heimkehr
Nach dem Tod von MAGELLAN wurden unter den Kommandeuren zwei neue Kapitäne gewählt. Unter Führung von JUAN SEBASTIÁN ELCANO sollte die Rückkehr gewagt und über den Indischen Ozean an der Südspitze Afrikas herum nach Norden die erste Erdumseglung vollendet werden.
PIGAFETTA informiert über die Beschwernisse dabei:
Für die Rückkehr nach Spanien stand nur noch ein Schiff, die „Victoria“, zur Verfügung, da die anderen verloren gegangen waren.
Die „Victoria“ war deshalb so schwer beladen, dass die Befürchtung aufkam, das Schiff könnte leck werden und sinken. So wurden 60 Zentner Gewürznelken, die in Europa mit Gold aufgewogen wurden, wieder an Land gebracht und dort gelagert. Die meisten Mitglieder der Mannschaft hatten auch Angst, das Schiff sei einer so weiten Fahrt nicht mehr gewachsen. Vor allem befürchteten sie aber, mitten auf dem Meer vor Hunger und Durst umzukommen.
Diese Befürchtungen bewahrheiteten sich auch. Im Bordtagebuch steht darüber u. a.:
„In diesen Tagen neigten sich auch unsere Wasservorräte dem Ende zu. Der Kapitän war gezwungen, das Wasser einzuteilen, und so erhielten wir nur noch einen Becher für einen ganzen Tag. Manche tranken ihre Portion aus, kaum dass sie sie erhalten hatten, andere verstanden es, mit ihrem dürftigen Vorrat so hauszuhalten, daß ihnen auch für den Abend ein Schluck blieb. Es kam häufig vor, dass einer dem anderen das Wasser stahl. Denn der Durst war noch grausamer als Hunger ...
Einige von uns, besonders die Kranken, wären gern nach Mosambik gesegelt, wo sich eine portugiesische Niederlassung befindet. Zu diesem Wunsch bewog sie teils der schlechte Zustand des Schiffes, das mehrere Lecks hatte, teils die heftige Kälte, der wir ausgesetzt waren, vor allem aber der Umstand, dass unser Proviant und der Trinkwasservorrat zu Ende gingen. Alles Fleisch war nämlich in Fäulnis übergegangen, weil wir keine Möglichkeit besessen hatten, es einzusalzen. Da jedoch dem größeren Teil der Mannschaft die Ehre mehr galt als das Leben, beschlossen wir, allen Gefahren, die noch auf uns warteten, zum Trotz nach Spanien zurückzukehren.“
Nach einem kurzen Zwischenstopp auf den Kapverdischen Inseln vor der afrikanischen Westküste erreichten die Heimkehrer am 6. September 1522 Spanien und liefen mit der von Würmern zerfressenen „Victoria“ in den Hafen von Sevilla ein. Hier gingen 18 halb verhungerte Gestalten von Bord.